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John Surtees

Flashback

schnelle Rundenzeit hinterlassen eindrucksvolle Spuren

„Big John“, wie Surtees gern genannt wurde, gehörte von den späten 1950ern bis hinein in die 1970er Jahre zu den Stammgästen am Nürburgring.

Autor: Udo Klinkel –  Und er war erfolgreich, sehr erfolgreich sogar. Bis heute ist er der Einzige, der es geschafft hat, auf zwei und auf vier Rädern Weltmeistertitel zu holen. Er hat mir mal erzählt, dass die Nordschleife zu seinen absoluten Lieblingsstrecken gehört und dies hat er mit seinen Erfolgen dort eindrücklich untermauert. Schon 1958 gewann er beim Großen Preis von Deutschland die Motorradklassen der 350 und 500 Kubikzentimeter. Zwei Formel 1 Siege (1963 und 1964), sowie ein zweiter Platz (1966), machten ihn Mitte der sechziger Jahre zu einem der erfolgreichsten Fahrer auf der Eifelstrecke.

Vom 17. bis 19. Mai 1963 steht das 1000 Kilometer Rennen in Surtees’ Kalender. Es wird sein erster Nürburgring – Start in einem Prototypen aus dem Hause Ferrari sein. Als Co-Pilot wird der Belgier Willy Mairesse das Rennen bestreiten. Ferrari hat drei Autos vom Typ 250P mit in die Eifel gebracht, Ludovico Scarfiotti/Mike Parkes , sowie Lorenzo Bandini/Nino Vaccarella sind die anderen Fahrerpaarungen der Italiener. Schon beim Freitagstraining stellt Surtees einen neuen absoluten Rundenrekord auf: bei 9’13.1 bleiben die Uhren der Zeitnehmer stehen. Das reicht für die Pole Position. Auch im Rennen haben Surtees/Mairesse am Ende die Nase vorn, auch wenn ihre Fahrt durch einen schleichenden Plattfuß für einige Minuten verzögert wird. 

Für John Surtees ist es der erste Sieg bei einem 1000 Kilometer Rennen, zwei Jahre später sollte der zweite folgen. Diesmal geht es nicht nur gegen die Konkurrenz aus dem eigenem Haus, sondern auch gegen die aus Amerika, denn Ford schickt unter der Regie von Carroll Shelby ein Großaufgebot zum Nürburgring. 

Im Ferrari 250P während des Trainings zum Rennen 1963. Foto: Christian Höfer

Das große Duell jener Jahre, Ford gegen Ferrari, war in vollem Gange. Der Nürburgring fordert, wie so oft, auch bei diesem Rennen seinen Tribut und dezimiert die Ford Truppe erheblich. Nur ein Fahrzeug erreicht nach recht abenteuerlicher Fahrt an achter Stelle das Ziel. Nicht so bei Ferrari, wo alles wie am Schnürchen läuft. Am Ende stehen John Surtees und Ludovico Scarfiotti als Gesamtsieger auf dem schon etwas klapperigen Holzpodium neben dem Start-und-Ziel-Haus. Ein verdienter Erfolg vor allem nach dem sicher geglaubten und nur durch den Verlust eines Rades verhinderten Sieg im Vorjahr.

Enttäuschung nach dem Ausfall 1964. Foto: Archiv Völker-Richarz

Auch 1967 ist „Big John“ wieder schnellster Mann auf der Nordschleife. Beste Trainingszeit und schnellste Runde im Rennen mit einer 8’37er Zeit. Eine defekte Aufhängung am 330P3 macht jedoch alle Hoffnungen auf den dritten Sieg zunichte. Zur Freude von Phil Hill und seinen amerikanischen Freunden aus Texas. Aber das ist eine andere Geschichte. An das Rennen 1967 dürfte sich John Surtees weniger gern erinnern.

In seinem wuchtigen Lola-Aston Martin, der beim Start nur mit Verzögerung zum Anspringen bewegt werden kann, hat er bei der Verfolgung der Porsche-Meute einen bösen „Moment“. Ausgerechnet in der Fuchsröhre bricht die Hinterradaufhängung. Und neben der Strecke steht der wegen eines Defektes ausgefallene Porsche von Rico Steinemann.

Der schlingernde Lola verfehlt bei immer noch „high speed“ nur knapp den Porsche und Surtees bringt ihn zum Glück schnell zum Stehen. Das hätte schief gehen können.

Drei Jahre werden vergehen, bis wir den Briten noch einmal beim 1000 Kilometer Rennen sehen. Und er ist zurück in einem Ferrari. Enzo Ferrari benötigt für die Saison 1970 einen Fahrer, der bei der Entwicklung des Sportwagens 512S kompetent mitwirken kann. Und da fällt ihm als erstes sein ehemaliger Werksfahrer John Surtees ein. 

1966 hatten sich die Wege der beiden aufgrund von Meinungsverschiedenheiten, in die vor allem Ferraris Rennleiter Eugenio Dragoni involviert war, getrennt. Surtees stimmt zu, einige Rennen mit dem 512 gegen die Porsche 917 zu bestreiten, so auch das 1000 Kilometer Rennen auf dem Nürburgring. Porsche setzt hier allerdings nicht den schweren 917 ein, sondern den ultraleichten und wendigen 908.03, der für die Eifelachterbahn weitaus besser geeignet ist und sich als um einiges schneller erweist. Keine Chance für Surtees und Nino Vaccarella also gegen die Flitzer aus Stuttgart. Immerhin springt ein dritter Platz und eine Klassensieg heraus.

John und Ehefrau Pat in gespannter Erwartung auf den Ferrari, der beim Rennen 1965 von Mike Parkes mit defekter Aufhängung an die Box gebracht wird. Foto: Jacques Bellemans

Sechs Mal also startet John Surtees bei einem 1000 Kilometer Rennen in der Eifel. Zwei davon beendet er als Sieger. Ein dritter Platz und so manche schnelle Rundenzeit hinterlassen eindrucksvolle Spuren in den Ergebnislisten. Für mich gehört „Big John“ zu den sympathischsten Erscheinungen jener Nürburgring-Jahre.